„Trialog der Kulturen“ – Workshop im Hack-Museum
Alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 begaben sich auf ästhetische Spurensuche zu einem Workshop in die Mittelalter-Abteilung des Wilhelm-Hack-Museums. Organisiert wurde der Besuch von den Deutsch-, Religions und Kunstlehrern sowie von der Kuratorin des Museums, Frau Theresia Kiefer.
Der Workshop fand an verschiedenen Tagen mit wechselnden Schülergruppen in der Mittelalterabteilung statt. Es ging darum, religiöse Motive in Bildern des Mittelalters zu erkennen und zu entschlüsseln sowie Vergleiche mit islamischen und jüdischen Vorstellungen herzustellen.
Die Herkunft und auch die Gegenwart unserer eigenen kulturellen Wurzeln in unserem Leben ist uns nicht selbstverständlich präsent. Die Kenntnis über die eigene kulturspezifische Prägung ist aber wichtig, um den Tri-bzw. Dialog mit anderen Kulturen lebendig und empathisch gestalten zu können.
Es sollte darum gehen, Einblicke in die christlich-religiöse Bildsprache und in die damit verbundenen religiösen Vorstellungen mit ihrem Einfluss auf das Leben und Denken der Menschen zu gewinnen. Die Schüler anderer Religionen sollten mehr über das Christentum erfahren und sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede austauschen.
Gemeinsam ist den Juden, Christen und Moslems der Stammvater Abraham. Deshalb spricht man auch von den drei abrahamitischen Religionen.
Zunächst erhielten die Schüler Erkundungsaufträge. So sollten sie in den Bildern des Mittelalters nach Geschichten aus der Bibel, Tiere, die auf Bildern zu sehen sind, Abbildungen von Gott, Jesus und Maria, Heiligenbildern, Frauenfiguren, Darstellungen des Bösen etc. suchen. Bei einer sich anschließenden gemeinsamen Betrachtung der Kunstwerke haben die Schüler ihre eigenen Beobachtungen und Erkenntnisse mit eingebracht. Diese wurden dann bei der Präsentation der Bilder durch die Museumspädagoginnen, Frau Anja Guntrum und Frau Inga Tappe, ergänzt und genauer erläutert. Hier hatten dann auch die nichtchristlich geprägten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Fragen und eigenen religiösen Vorstellungen mit einzubringen, so dass sich hieraus ein sich gegenseitig bereicherndes Gespräch entwickelte.
Die Schüler erfuhren, dass Bilder oder gar Gottesdarstellungen, wie sie auf dem Bild ‚Himmelfahrt Mariens’ von Barthel Bruyn d.Ä. aus dem Jahr 1512 zu sehen sind, im Judentum und Islam nicht vorstellbar sind.
Ebensfalls sind Reliquien und Heiligenverehrungen sowohl in Moscheen als auch in Synagogen verpönt, um der Gefahr zu begegnen, statt Gott die Darstellung oder eine andere Person zu verehren. Diese Sorge kennt man auch im Christentum, so dass auch hier, besonders in evangelisch-reformierten Kirchen, auf Bilder ganz verzichtet wird. Die Vorstellung von der Dreieinigkeit Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist ist im Judentum wie auch im Islam undenkbar, um die Allmacht des einen Gottes nicht durch weitere Instanzen in Frage zu stellen. Als Prophet ist Jesus im Islam von Bedeutung, aber der Gedanke, dass in Jesus Gott Mensch geworden ist, widerstrebt ihrem Bild. Auch die Kreuzigung Jesu spielt im Islam keine Rolle.
Die Erwartung des Messias ist für das Judentum wichtig. Das Judentum sieht in Jesus von Nazareth aber weder den Messias noch den Sohn Gottes.
Im Judentum spielen Paradiesvorstellungen keine große Rolle. (siehe Bild: „Der Sündenfall“, Brügge, Nachfolger des Hugo van der Goes, letztes Drittel 15. Jh.).
So kennt das Judentum auch keine Sünden, die vererbt werden können.
Im Christentum ist die Vorstellung vom Paradies mit der Zeit vor dem Sündenfall, als Adam und Eva in einem paradiesischem Garten lebten, in dem sich der Mensch ohne Mühe ernähren konnte, verbunden. Es gab weder Feindschaft zwischen Mensch, weder Dornen noch Disteln. Jenseitserwartungen werden und wurden häufig mit der Vorstellung vom Reich Gottes bzw. vom Ewigen Leben verbunden, in der Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Hier gibt es verschiedene theologische Deutungen, die diese Vorstellungen und das Reich Gottes als Vollendung des Menschseins – mit Vorbehalten – ins Diesseits verlegen und jegliche Jenseitsvorstellungen ablehnen.
Im Islam ist die Vorstellung von einem Paradies voller weltlicher Freuden profan sehr verbreitet, wird aber von islamischen Theologen eher abstrakt gedeutet.
Die christliche Vorstellung vom Sündenfall wird im Islam zurückgewiesen. Die Beziehung zwischen Adam und Gott wurde nicht gestört. Adam gilt den Muslimen als erster Mensch. Der Ort, an dem sich Eva und Adam wiederfanden, der Berg Ararat, ist auch der Ort, an dem Mohammed seine Abschiedspredigt hielt.
Das alles und noch viel mehr war Inhalt des Mittelalter-Workshops.
Die ästhetische Spurensuche wird fortgesetzt in der Moschee in Mannheim, der Synagoge in Mainz, m Speyerer Dom, in der Gedächtniskirche in Speyer und in der Synagoge, auf dem jüdischen Friedhof, im jüdischen Museum und im Dom in Worms.
Im nächsten Jahr folgt ein Workshop in der Kunsthalle in Mannheim. Hier wird ‚Religiösität in der modernen Kunst’ das Thema sein.